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Worte um Musik: „Der Musiktraktat im 20. Jahrhundert (1/4)“ Von der Erde bis zum Himmel – Olivier Messiaens „Traité de rythme, de couleur, et d’ornithologie“

Musikalische Traktate, die schriftliche Gelehrsamkeit zu musikalischen Fragen, war eigentliche eine Sache der Vergangenheit. Doch im 20. Jahrhundert tauchen derartige Manifestationen im Zuge der Avantgarde-Diskussionen nach dem 2. Weltkrieg in schriftlicher Form wieder verstärkt auf.

Oft heißen sie allerdings nicht Traktate. Nur Olivier Messiaen gab einer gewaltigen, mehrere Tausend Seiten umfassenden Textsammlung diesen Titel. Der „Traité de rythme, de couleur, et d’ornithologie“ ist die umfassendste Abhandlung über all die musikalischen Themen, die den französischen Komponisten Zeit seines Lebens beschäftigt haben: Der Rhythmus, die Farben und die Gesänge der Vögel. Sein Traktat berichtet über die Musik Indiens, die der katholischen Liturgie, über Mozarts Klavierkonzerte, die Musik Debussys und Strawinskys und ist dazu eine Enzyklopädie der notierten Gesänge der Vögel aus der ganzen Welt, die er als Komponist auf seinen Reisen rund um den Globus notiert hat. Die erst nach dem Tod Messiaens veröffentlichten sieben Bände des „Traité“ sind also mehr als eine Darstellung musikalischer Gelehrsamkeit. Er könnte auch den Titel tragen „Messiaen oder wie er die Welt sah“.

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