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Warum Frauen im Rap so laut und obszön sein dürfen, wie sie wollen

Mit „WAP“ sorgten Cardi B und Megan Thee Stallion für einen Skandal. Sie rappten über ihre Geschlechtsteile. Der Generator-Podcast zeigt, warum das nicht falsch ist und woran die Gesellschaft beim Thema Sexismus wirklich arbeiten muss. Von Alba Wilczek

Gizem Adiyaman hätte nicht gedacht, dass „WAP“ so ein großes Ding werden würde. „Wenn man sich mit deren Musik auseinandersetzt, dann überrascht es einen eigentlich, dass darauf dann so abgegangen wird.“ Denn auch die früheren Songs von Cardi B und Megan Thee Stallion waren explizit. „Ich hab mir das einfach angehört und dachte: Nice.“

Das Thema prägt Rap schon lange

Solche Musikvideos gab es schon vor 20 Jahren. Wirklich neu ist das Konzept der female sex speech also nicht. Und das ist ja auch klar. Rap ist eine musikalische Kunstform. Hier geht es viel um Ausdruck, krasse Sprache, um Potenz oder Übertreibung. Sex hat sich dafür von Anfang perfekt geeignet. Und bis heute stellt Sexualität ein ideales Mittel für Rapper da, Überlegenheit auszudrücken. Rapper jeden Geschlechts. Sexplizität ist Teil der Kunstform. Aber sie hat auch irgendwie dazu geführt, dass Diskurse um Sexismus oder Feminismus immer wieder auf dem Rücken von Rap ausgetragen werden. „Ich finde das zum Beispiel auch immer unverschämt, wenn Leute sich Hip-Hop rausnehmen und da ein Exempel statuieren wollen“, sagt Gizem Gizem Adiyaman. Und zudem sei Rap auch ein Genre, das von Schwarzen und Latinx-Menschen in den USA geprägt wurde, die sehr segregiert und marginalisiert leben. Rap spreche eben eine Sprache, die in der Mehrheitsgesellschaft keinen Ausdruck findet – Sexualität gehöre auch dazu.

Sexuelle Selbstbestimmung im Hip-Hop

Bevor wir also erstmal irgendjemanden im Rap für Sexualisierung oder Sexismus verurteilen, sollten wir vielleicht mal überlegen, warum so viele im Hip-Hop überhaupt diese Form des Ausdrucks wählen. Als Sprachrohr für Missstände zum Beispiel, zur Aufklärung oder für gerade Schwarze Frauen – als Befreiung. Nicht nur von Sexismus, sondern auch von Rassismus. Und wenn zwei Rapperinnen jetzt Lust darauf haben, ihren feuchten Muschis einen Song zu widmen und halbnackt durchs Video zu rennen, dann sollen sie das verdammt nochmal tun. Ist doch deren Ding, deren Song, deren Karriere! Immer, wenn es um Frauen und ihre Körper geht, stürzt die Decke ein, voller Meinungen. Wie wär’s einfach mal mit Klappe halten. The future is female. Punkt.

Gizem Adiyaman ist Teil des DJ-Duos Hoemies aus Berlin, betreibt einen eigenen Podcast und macht Aufklärungsarbeit. Sie erzählt mir, dass die Diskussion um „WAP“ für sie recht überraschend kam. Die negativen Reaktionen aber nicht. In der Kontroverse sieht sie vor allem „dass eben Frauen, die ihre Sexualität frei ausleben den Anspruch von Männern zerstören über den Körper von Frauen zu bestimmen.“ Und genau deshalb fand sie es auch ziemlich befreiend und ziemlich feministisch, dass Cardi B und Megan Thee Stallion sich so zu ihren Körpern und ihren Bedürfnissen bekennen.

Sexplizite Lyrics und Schwarze Frauen, die sie interpretieren. Auch 2020 war das noch ein Aufregerthema. Aber warum eigentlich? Man denke mal an die 90er. An Missy Eliott, Hoes with Attitude, oder Lil Kim. Die haben auch schon darüber gerappt, auf was sie beim Sex stehen, oder was sie von ihrem Sexpartner verlangen.



© Bayern2, Zündfunk Generator, 28.1.2021

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