Musiktipps

„Urknalleffekt“ Die Musikgeschichte weiß natürlich längst, dass John Coltrane ein Genie war.
Mit einer neuen Box kann man es nun aber auch als Nachgeborener verstehen.

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Von Andrian Kreye

Will man verstehen, was die Musik des Modern-Jazz-Saxofonisten John Coltrane heute noch bedeutet und warum um Gottes willen seine Platten für das Atlantic Label jetzt noch einmal in Mono herauskommen, obwohl die erste Stereoschallplatte doch schon vor 60 Jahren erschien, sollte man sich Heavy Metal anhören. Wenn man Coltrane mag, ihn vielleicht sogar verehrt, wird einem das unter Umständen nicht ganz leichtfallen. Aber was tut man nicht alles für einen Erkenntnisgewinn.

Umgekehrt ist das übrigens kein Problem. Liest sich jedenfalls so, wenn man die Interviews großer Rockgitarristen nach dem Schlagwort „Coltrane“ durchsucht. Kirk Hammett zum Beispiel, der Gitarrist von Metallica, erzählte mal, dass sein Gitarrenlehrer ständig Coltrane-Soli transkribiert habe, weil er an den rasenden Kaskaden des Saxofonisten seine musikalischen Reflexe schulen wollte. Und dass er das natürlich auch an seine Schüler weitergab. Wenn man sich anhört, was Hammett in Songs wie „Seek and Destroy“ oder „Four Horsemen“ so anstellt, und dann gleich danach John Coltranes „Giant Steps“ auflegt, dann sind Hammetts Hochgeschwindigkeitskadenzen so etwas wie die Gravitationswellen zu Coltranes Urknall.

Ein guter Teil der berühmtesten Rockgitarristen ließ sich von Coltrane inspirieren

Ganz ähnlich geht es einem beim Vergleich mit dem verstorbenen Slayer-Gitarristen Jeff Hanneman oder mit Megadeths Dave Mustaine. Sie klingen, als hätte jemand aus dem Jazz die Synkopen raus- und die zehnfache Dezibelzahl reingerechnet. Die Drone-Metal-Gruppe Sunn O))) orientiert sich wiederum an Coltranes Free-Jazz-Spätphase und hat sogar eine Hymne auf seine Frau und langjährige Pianistin Alice geschrieben. Und irgendein digitaler Schlaumeier hat neulich die tiefdröhnenden Lärmwände von Sunn O))) mit Coltrane-Stücken schlüssig zusammengebastelt….

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© SZ, 8.7.2016

Graded on a Curve: John Coltrane, The Atlantic Years in Mono

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