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„Thomas Pynchon und die Kunst des Verschwindens“ Von Markus Metz und Georg Seeßlen

Von Thomas Pynchon sind in der Öffentlichkeit nur ein paar vierzig Jahre alte Fotos bekannt. Das Rätsel um seine Person ist mittlerweile Bestandteil der amerikanischen Popkultur. Was bleibt, sind die Bücher des Autors Thomas Pynchon.

Von Markus Metz und Georg Seeßlen

Was hat das eine mit dem anderen zu tun? Ist die radikale Verweigerung, sich in der Öffentlichkeit zu zeigen oder irgend etwas von einem „Privatleben“ nach außen dringen zu lassen, eine persönliche Marotte, der Kern eines Publicity-Mythos oder sogar integraler Bestandteil der literarischen Arbeit?
Erinnern und Vergessen, Erscheinen und Verschwinden bilden einen roter Faden, der sich durch Pynchons Werk zieht. In einer „magischen Biographie“ könnte man das als Wiederkehr seines Vorfahren William Pynchon beschreiben, der Mitte des 17. Jahrhunderts wegen seiner Kritik am puritanischen Calvinismus Opfer des ersten Bücherverbots auf amerikanischem Boden wurde. Thomas Pynchon hat das Geschehen in seinem Roman „Die Enden der Parabel“ (natürlich unter vielem anderen) wieder aufgenommen. Sein Debüt-Roman „V“ handelt von der Suche nach der eigenen familiären Identität, die in ein verzweigtes „strukturelles“ Abenteuer führt. In den meisten seiner Romane stehen die Menschen unter einer Obsession, Zusammenhänge zu erkennen, was eher zu Schüben von Paranoia und Verschwörungsphantasmen führt als zur Erkenntnis über das eigene Wesen. Thomas Pynchon steht, nicht nur in dem ausgesprochen kritischen Roman „Vineland“, den Glaubenssätzen des zeitgenössischen Amerika nicht minder skeptisch gegenüber als sein Vorfahr.
2014 ist Thomas Pynchons achter und bislang letzter Roman in Deutschland erschienen: „Bleeding Edge“ mischt wie viele seiner Vorgänger Faktisches und Fiktives. Er liest sich wie ein Vorgriff auf die Geschehnisse um die NSA und Edward Snowden, grundiert mit der Erfahrung von 9/11. Das Feature geht der Frage nach, wie sehr das persönliche Verschwinden des Autors mit seinem Werk eine Einheit bildet, und verfolgt die Spuren der Identitätsverweigerung in Pynchons Romanen und Erzählungen.

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