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SZ: Afropopkolumne „Hypnotisierend“ Jan Weissenfeld und Y-Bayani & Baby Naa, Mulatu Astatke & The Black Jesus Experience und Oumou Sangaré

Mit neuer Musik von Jan Weissenfeld und Y-Bayani & Baby Naa, Mulatu Astatke & The Black Jesus Experience – sowie der Antwort auf die Frage, welche malische Sängerin auf emigrierte Malier mehr Einfluss hat als der malische Präsident.

Von Jonathan Fischer

… Das Stück mit seinem polyrhythmischen Shuffle, den mollig-mäandernden Melodien und infektiösen Chants gab die Blaupause für ein ganzes Album. Y-Bayanis Duettpartnerin fand sich in der Kirchensängerin Naomi Addy alias Baby Naa. Deren Soul befördert Weissenfeldt mit Hilfe quengelnder und gurgelnder Sci-Fi-Keyboards und jazzigem Vibrafon ins Kosmische. An einen Ort, wo Fela Kuti, Herbie Hancock und Rita Marley in einer ghanaischen Kirche tanzen. Vollanalog natürlich. Und im Dienst einer höheren Art Aufklärung, Vernunft und Liebe…

… Ansonsten wechseln die melismatischen Vocals von Enushu Taye mit den politisch-kritischen Raps des simbabwisch-australischen MC Mr. Monk, der etwa in „Living On Stolen Land“ über die Rechte der Aborigines rappt. Für den 77-jährigen Astatke ist es sein zweites Album mit den Freunden aus Melbourne. Und egal welche Zutaten hier zusammenkommen: Seine Musik vermag weiter zu hypnotisieren…

… Oumou Sangaré zeigt auf „Acoustic“ (No Format!), warum sie überall in Westafrika verehrt wird wie eine Pop-Heilige. Ihr Konterfei prangt auf den Kleinbussen in Bamako neben denen von Bob Marley, Che Guevara und Koran-Gelehrten. Um ihren schneidend-nasalen Sirenengesang zur Geltung zu bringen, genügen ihr ein Background-Chor, akustische Gitarre und eine dreckig-bluesige Ngoni-Laute. Intim klingt das. An zwei Tagen hat Sangaré alle elf Songs live in einem Pariser Studio eingespielt, ohne Verstärker oder Overdubs. Das Ergebnis strahlt mit der archaischen Wucht früher Bluesaufnahmen, wo die Magie allein auf der Präsenz der Musiker ruht….

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© Süddeutsche Zeitung, Kultur, Feuilleton, 13.7.2020

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