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Swing easy!: Der brasilianische Musiker Antônio Carlos Jobim

Für viele war Jobim der Gershwin Brasiliens. Am 25. Januar wäre er neunzig Jahre alt geworden. „Tom“ Jobim, wie ihn seine Landsleute nannten, um seinen ellenlangen Namen abzukürzen, hat die Bossa Nova vielleicht nicht erfunden.

Mit Karl Lippegaus

Aber ganz gewiss gehörte er zu den ersten, die der neuen Welle aus Rio de Janeiro Ende der 1950er Jahre die Form, den Ausdruck und die Schönheit verliehen.

Unzählige Interpreten in aller Welt machten „Garota de Ipanema“ zu einem der meistaufgenommenen Songs aller Zeiten. 1965 bekam die LP „Getz/Gilberto“, an der Jobim maßgeblich beteiligt war, als erstes Jazzalbum einen Grammy Award. Zwei Jahre später entstand eine ebenso berühmte Platte mit Frank Sinatra. Eigentlich hatte Jobim Architekt werden wollen, aber die französischen Impressionisten und der Cool Jazz lenkten ihn in eine andere Richtung. Als Pianist in Bars und Arrangeur in Plattenstudios lernte Antônio Carlos Jobim sein Handwerk von der Pike auf, aber seine innere Vision war eine Mélange aus der afrobrasilianischen Samba, dem Choro und den Einflüssen des Jazz aus den USA.

Als er später den Repressionen und der Zensur durch die Militärdiktatur entfloh und in New York lebte, kam er vor Heimweh fast um. Doch diese „saudade“, die berühmte lusitanische Sehnsucht, beflügelte ihn zu einigen seiner stärksten Werke. Dem im letzten Jahr verstorbenen Komponisten und Arrangeur Claus Ogerman hatte der Pianist, Flötist, Komponist und Songschreiber Jobim vieles von seiner musikalischen Vision vermittelt – beide zusammen verliehen der Bossa Nova ihre orchestrale Dimension.

Jobim wurde der große Klangmaler Brasiliens nach Heitor Villa-Lobos, er feierte die Naturwunder des riesigen Landes in seinen Werken und leitete eine hinreißende ‚family band‘ aus den Söhnen und Töchtern des Jobim-Clans. In seinen späteren Jahren zeigte sich mehr und mehr dieses poetische Talent, das in ein starkes ökologisches Engagement mündete. Als er alt geworden war, sagte Jobim einmal: „Ich glaube, dass jeder Baum, der irgendwo hier auf der Erde gefällt wird, woanders wieder wachsen wird. Und wenn ich einmal sterbe, möchte ich dort hin, wo die Bäume in Frieden wachsen.“

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