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„Schöne Welt, wo bist du?“ Wege zu Johann Joachim Winckelmann

Johann Joachim Winckelmann (1717-1768) war seinerzeit der bedeutendste Kenner der antiken Kunst in Europa. Er begründete die Kunstgeschichte und wissenschaftliche Archäologie. Angetrieben von der Suche nach Schönheit verehrte er die griechische Antike, die für ihn vor allem die Liebe zur Freiheit verkörperte.

Von Jean-Claude Kuner

Als einer der ersten von Kirche und Hof unabhängigen, freien Wissenschaftler seiner Zeit, findet er seinen Weg nach Rom. Dort unterstützt ihn der antikenbegeisterte Kardinal Albani und verschafft ihm eine Stelle in der vatikanischen Bibliothek. Als Vordenker der Klassik prägt Winckelmann nicht nur Goethe und Schiller. Seine Sicht auf die Antike macht die Kunstbetrachtung zu einem lebendigen, ja persönlichen Erlebnis. Dass sein Interesse für die griechischen Ideale dabei von seinen homoerotischen Neigungen beeinflusst ist, wird lange verschwiegen. 250 Jahre später wandelt ein Liebhaber antiker Vasen auf den Spuren Winckelmanns und reist nach Rom. Er besucht dessen Wohnhaus, das von ihm mitgestaltete, prächtige Museum Villa Albani, die Museen im Vatikan mit den antiken Statuen wie dem Apoll von Belvedere, den Winckelmann so eindringlich beschrieben hat. Und er fragt sich mit Schiller: „Schöne Welt, wo bist Du?“

Von Jean-Claude Kuner

Redaktion: Leslie Rosin; Produktion: DLF 2011, Autorenproduktion 2011

Ein Gedanke zu „„Schöne Welt, wo bist du?“ Wege zu Johann Joachim Winckelmann

  • Goethe über Winckelmann: „Winkelmann war nun in Rom, und wer konnte würdiger sein, die Wirkung zu fühlen, die jener große Zustand auf eine wahrhaft empfängliche Natur hervorzubringen im Stande ist. Er sieht seine Wünsche erfüllt, sein Glück begründet, seine Hoffnungen überbefriedigt. Verkörpert stehn seine Ideen um ihn her, mit Staunen wandert er durch die Reste eines Riesenzeitalters, das Herrlichste, was die Kunst hervorgebracht hat, steht unter freiem Himmel; ohnentgeltlich, wie zu den Sternen des Firmaments, wendet er seine Augen zu solchen Wunderwerken empor, und jeder verschlossene Schatz öffnet sich für eine kleine Gabe. Der Ankömmling schleicht wie ein Pilgrim unbemerkt umher, dem Herrlichsten und Heiligsten naht er sich in unscheinbarem Gewand, noch läßt er nichts Einzelnes auf sich eindringen, das Ganze wirkt auf ihn unendlich mannigfaltig, und schon fühlt er die Harmonie voraus, die aus diesen vielen, oft feindselig scheinenden Elementen zuletzt für ihn entstehen muß. Er beschaut, er betrachtet alles, und wird, auf daß ja sein Behagen vollkommener werde, für einen Künstler gehalten, für den man denn doch am Ende so gerne gelten mag (….) Aber W. hätte lange Zeit in den weiten Kreisen altertümlicher Überbleibsel nach den wertesten, seiner Betrachtung würdigsten Gegenständen umhergetastet, hätte das Glück ihn nicht sogleich mit Mengs zusammengebracht. Dieser, dessen eigenes großes Talent auf die alten und besonders die schönen Kunstwerke gerichtet war, machte seinen Freund sogleich mit dem Vorzüglichsten bekannt, was unserer Aufmerksamkeit wert ist. Hier lernte dieser die Schönheit der Formen und ihrer Behandlung kennen…“

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