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„Queerness, Kinder und Bougainvilleablüten“ Die Argonauten Von Maggie Nelson

Alles ist normal. Maggie liebt Harry. Sie ziehen zusammen. Harry hat einen Sohn. Und – war mal eine Frau. „Kann Verletzlichkeit so anziehend sein wie Unerschrockenheit?“ Die Schriftstellerin Maggie Nelson ist beides, verletzlich und unerschrocken. Sie erzählt die Geschichte ihrer großen Liebe, offen, detailreich bis in sexuelle Vorlieben hinein.

 

Und sie versucht sich diese Liebe zu erklären, die einerseits queer, seltsam ist, andererseits aber ihr als das Allernatürlichste der Welt erscheint. Eine Liebe, bei der schon das Benennen ein Problem darstellt: Lebe ich mit ihm oder mit ihr zusammen?

Andere Probleme sind die, die alle Patchwork-Familien kennen. Wie gehe ich mit dem Jungen um, dessen Mutter ich nicht bin? Wobei eines fest steht, Anerkennung erhält sie nicht für ihren Mühen, eher im Gegenteil: „Eltern haben eine unantastbare Hochheiligkeit, Stiefeltern dagegen sind Eindringlinge, Selbstbediener, Wilderer, Schmarotzer und Kindesmissbraucher.“
Und dann eine neue „Liebesaffäre“: die Geburt ihres gemeinsamen Sohnes Iggy. Ein mühsam gezeugtes Kind, ein kränkelndes Kind, ein unverwüstliches. Und ein Glück, das Nelson sich erst selbst zuzugestehen lernt.

Der Titel des Essay leitet sich von einer Beobachtung von Roland Barthes ab, der schrieb, das Subjekt, das die Worte ich liebe dich ausspreche, sei vergleichbar mit »dem Argonauten, der sein Schiff während der Reise erneuert, ohne [dessen] Namen zu ändern«. Nelsons Buch ist eine queere Liebeserklärung, in der mehr als nur Namen geändert werden. Sie unternimmt eine Reise durch feministische und postmoderne Texte auf der Suche für eine Erklärung dessen, was ihr als großes Geschenk erscheint: Harry.

Der Text entstammt dem gleichnamigen Buch, das im Hanser Verlag erschienen und im Handel erhältlich ist.

„Die Argonauten“  Von Maggie Nelson
Aus dem Amerikanischen von Jan Wilms
BR 2017

© Bayern 2, Nachtstudio, 19.9.2017

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