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Open Sounds: „Le Parleur“

Adorno Reloaded  – Das neue Hörstück des preisgekrönten Klangkunst-Duos Kutin/Kindlinger unterzieht die technisch neuartige Möglichkeit des Klonensvon Stimmen einer kritischen Betrachtung – zwischen Resignation, Anarchismus und Poesie.

Mit Kornelia Bittmann

In unserer digitalen Gegenwart gibt es durch den Einsatz künstlicher Intelligenz und neuronaler Netzwerke mittlerweile eine Vielzahl von synthetisch erzeugten Stimmen. Diese bieten in den unterschiedlichsten Ausführungen zum Kauf an, um unseren smarten Geräten einen Hauch von Einzigartigkeit, von Menschlichkeit zu verleihen.

Das Klonen von Stimmen ist für ambitionierte UserInnen heute schon mit bescheidenem Aufwand möglich und wird geradezu inflationär in den unterschiedlichsten Bereichen, von der Medizin bis hin zur Pop- und Hochkultur angewendet.

Peter Kutin und Florian Kindlinger haben für das Studio Akustische Kunst eine prominente, aber bereits verstummte Stimme der Vergangenheit mit Hilfe eines Machine-Learning Algorithmus wieder zum Leben erweckt. Der Parleur – ein Klon der Stimme Theodor Wiesengrund Adornos – reflektiert über diese ihm neu zugedachte Rolle, über sein abermaliges Erscheinen in dieser Welt und darüber, welche Richtung seine und unsere Entwicklung hier einschlägt: Werden die Menschen immer mehr zur Maschine oder die Maschinen immer mehr zum Menschen?

Mit phonetischen Fragmenten des menschlichen Sprechapparates legt das  Duo einen brüchigen akustischen Boden, aus dem sich nach und nach der Sound zersplitternder Displays, klirrenden und berstenden Glases erhebt und verzweigt.

Zusätzlich umgarnen Klänge diese rohen Collagen, die aus Sonifizierungen unserer digitalen Kommunikationskanäle gewonnenen wurden. Musikalische Brüche verweisen auf die unvorhersehbare Dynamik im digitalen Zeitalter – auf die Zerrissenheit unserer Lebensrealität und Identität im Web 3.0 .

Le Parleur
von Peter Kutin und Florian Kindlinger
Produktion: WDR 2019

© WDR 3, Open Sounds, 23.3.2019

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