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Nach hören: „Das kalte Gefühl“ Die Musik in den Filmen der Nouvelle Vague

 Von Harry Lachner

Sie waren jung, provokant, theoriebeschlagen: die Regisseure der Nouvelle Vague. Jean-Luc Godard, Claude Chabrol, François Truffaut oder Jacques Rivette. Ende der 50er-Jahre begannen sie, eine neue Erzähltechnik zu entwickeln, blickten kühl auf eine Welt, deren Alltagserscheinungen jetzt fast ungefiltert Eingang in die Filme hielt. Allen revolutionären Neuerungen zum Trotz aber blieben die Regisseure bei der Wahl ihrer Musik anfangs recht konventionell: sie griffen zurück auf Komponisten wie Georges Delerue und Antoine Duhamel, die dabei die klassische Tradition der Filmmusik als Stimmungsverstärker fortsetzten. So durchzieht ein besonderer Kontrast viele Werke der Nouvelle Vague: der kalte Blick der Kamera wird von einer sentimentalisierenden Musik entschärft. Doch bald arbeitete Jean-Luc Godard auch mit Jazzmusikern wie Michel Portal zusammen und legte einen größeren Wert auf das Montieren der Musik. Die fragmentarisch und kontrastiv eingesetzten Zitate aus Klassik, Popmusik oder Chanson entsprachen jetzt mehr seiner filmischen Ästhetik. Deutlicher als bei seinen Nouvelle Vague-Kollegen erschien bei Godard der Film als die Fortsetzung des Lebens mit anderen Mitteln.

© SWR 2, Musikpassagen, 31.1.2016, Harry Lachner

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