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Leonard Bernstein – Auf der Suche nach der amerikanischen Oper / Von Thomas von Steinaecker

Von wegen: „I like to be in America„. Leonard Bernstein wurde zwar als Dirigent gefeiert, doch die meisten seiner Werke nach der „West Side Story“ ernteten Verrisse. Dieses Feature entdeckt den Komponisten Bernstein neu.

Von Thomas von Steinaecker

Am 25. August 2018 jährt sich Leonard Bernsteins Geburtstag zum 100. Mal. Bis heute sind seine Auftritte als Dirigent legendär, seine Aufnahmen Bestseller. Mit der „West Side Story“ komponierte er früh eines der erfolgreichsten Musicals aller Zeiten. Durch seine bahnbrechenden TV-Sendungen, in denen er klassische Musik jungen Hörern nahebrachte, kannte seinen Namen in den USA der 1960er fast jedes Kind. Und ganz nebenbei wurde er durch sein gutes Aussehen auch noch zur Stilikone. Leonard Bernstein, Jahrhundertgenie und Marke. Auch 25 Jahre nach seinem Tod hat sich an diesem Image, der elegante Sonnyboy und verschwenderisch Begabte, nur wenig geändert.

Und doch ist das nur eine Seite der Geschichte. In seinem letzten Lebensjahrzehnt in den 1980ern droht Bernstein daran zu zerbrechen, immer nur als Dirigent und One-Hit-Wonder eines Stückes wahrgenommen zu werden, das schon viele Jahrzehnte zurückliegt. Die künstlerische wird zur tiefen existenziellen Krise. Denn von Anfang an hat Bernstein große Pläne. Sein Leben lang verfolgt er das Ziel, die große amerikanische Oper zu komponieren. An ihm spiegelt sich sein Triumph – und seine Tragik. Denn hier steht mehr auf dem Spiel, als „nur“ der musikalische Erfolg. Es geht darum, ein Werk zu schreiben, das die heterogene und verhältnismäßig junge Nation Amerika, die am Anfang des 20. Jahrhunderts noch nicht über eine eigene musikalische Sprache verfügt, eint.

Von seinem ersten Musical 1944, „On the Town„, über Matrosen auf Landurlaub, über seine Messe von 1971, in der die Jugend gegen überkommene Riten rebelliert, bis hin zu seiner einzigen „richtigen“ Oper, dem amerikanischen Alptraum „A Quiet Place„, von 1984. Das Feature „Leonard Bernstein – Auf der Suche nach der amerikanischen Oper“ würdigt eine Seite des Künstlers, die bislang noch ihrer Entdeckung harrt: die des Musiktheater-Komponisten jenseits der berühmten „West Side Story„. An den Musiker und Menschen erinnern in diesem Feature seine Kinder Jamie, Alexander und Nina, sein langjähriger Assistent, der Dirigent John Mauceri, sein Librettist Stephen Wadsworth sowie der Musikwissenschaftler Gregor Herzfeld. Neben zahlreichen Tonbeispielen kommt auch Leonard Bernstein selbst zu Wort – in zum Teil bislang unveröffentlichten Interviews.

 

© WDR 3, Kulturfeature, 26.8.2018

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