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„Lend me your ears!“ Shakespeare Umkreisungen Teil 1

Le week-end umkreist den phänomenalen Geschichtenerzähler und Worteschmied William Shakespeare. Nachgelassen hat das Interesse an diesem Fabuliermeister nie: William Shakespeare ist zu seiner Zeit prägender Miterfinder eines neuen Massenmediums, des öffentlichen Theaters, und für hunderte von Jahren sollten seine diesbezüglichen Erfindungen massenmedial wirksam bleiben.

Von Elke Tschaikner und Christian Scheib

Mit Musik von Henry Purcell, Robert Schumann, Benjamin Britten, Cole Porter sowie Marlon Brando als Marc Anton.

Und zugleich den höchsten Ansprüchen von künstlerischer Raffinesse und Hintersinn Genüge tun. Mehr als hundert Songtexte finden sich in Shakespeares dramatischem Werk und wenn le week-end sich auf eine musikalische Reise ins Shakespeare-Land begibt, gibt DER exemplarische Shakespeare-Song des Massenmediums Film die erste sachdienliche Handlungsanweisung: „Brush up your Shakespeare“ von Cole Porter, der seinerseits jede Menge Raffinesse und Hintersinn investiert, um sich zitat- und anspielungsreich mit Kollegen William Shakespeare zu messen.
Die vielen Songs, die William Shakespeare seinen Stücken eingeschrieben hat, musste Henry Purcell wahrscheinlich noch nicht extra nachschlagen, zu nahe war er selbst noch der Shakespeare Zeit. Ein knappes halbes Jahrhundert nach Shakespeares Tod wird Henry Purcell geboren, ein knappes Jahrhundert nach Shakespeares Geburt wird Purcells „The Fairy Queen“ uraufgeführt, eine Adaption des „Sommernachtstraums“. In einem „Symphony“ genannten Intermezzo trumpft das triumphierend Laute der Trompeten ebenso auf wie das Melancholische zarter Streicher, eine Liebeskomödie wie der Sommernachtstraum hat natürlich von Beidem viel zu berichten.

Doch dieser schöne Traum nimmt – zumindest in dieser Sendung – ein abruptes Ende, Shakespeares Theater ist eben auch ein Theater der Grausamkeiten. Szenenwechsel. Eine Tragödie. Und William Shakespeare stellt nichts anderes als ein legendär gewordenes Meisterstück der Rhetorik auf die Bühne.
Cäsar ist ermordet, Brutus will politischen Gewinn, Marc Anton will dem was entgegensetzen.
Soweit die Ausgangsposition. Beziehungsweise die Ausgangsposition zur Ausgangsposition: Die zuhörende Menge ist Anti-Cäsar und der Cäsar-Freund darf dennoch das Wort ergreifen. „Freunde, Römer, Landsleute“, beginnt er , „Friends, Romans, Countrymen“ und schon dieser schlichte Dreischritt ist eine rhetorische Meisterleistung, bevor noch die Rede überhaupt losgeht. Die vermeintlichen Freunde ausgespielt gegen die politische Kaste der Römischen Bürger ausgespielt gegen die Bewohner des römischen Reiches, und das alles in bloß drei Worten: Friends, Romans, Countrymen. Aber das war erst der Anfang: Er sei ein ehrenwerter Mann, an honourable man, sagt Mark Anton andauernd über Brutus und alle beginnen schön langsam zu verstehen, dass das Gegenteil davon gemeint ist. Die hohe Kunst der Rhetorik: die Antike in der Formulierung durch William Shakespeare, zu radikal-heftigem Filmleben gebracht durch niemanden Geringeren als Marlon Brando. Marlon Brando steht als Marc Anton am Rednerpult, sein Ghostwriter ist der rhetorisch gewiefte William Shakespeare. Kräftig emotional unterstützt werden die beiden in dieser Sendung von den Wiener Philharmonikern, Sir George Solti und Robert Schumann, die mit einer Konzertouvertüre für Julius Caesar Partei ergreifen.

Und am Ende dieses le week-end werden wir mit dem unübertreffbaren britischen Idealdoppel William Shakespeare und Henry Purcell nochmals ein klein wenig melancholisch: Alles wird sich mal auflösen, die schönsten Paläste, die feierlichsten Tempel, selbst die in Wolken gehüllten höchsten Türme, alles Traumgespinste; heißt es am Ende von Shakespeares „Sturm“; „Sei heiter, das Fest ist jetzt zu Ende, unsre Spieler waren Geister“, sagt Prospero, unser Traum sei vorbei, wir alle waren einfach Teil des Spiels. Aber eigentlich ist nichts davon traurig, es ist ein wolkenloser Traum, und wir sind aus jenem Stoff, aus dem die Träume sind.

© Ö1, Le week-end, 27.6.2020

Komponist/Komponistin: Cole Porter/1891 – 1964
Textdichter/Textdichterin, Textquelle: Cole Porter/1891 – 1964
Gesamttitel: KISS ME KATE / Original Filmmusik (Verfilmung des gln.Musicals)
Titel: 13. Brush up your Shakespeare / Lippy, Slug
Ausführende: Original Filmbesetzung
Orchester: MGM Studio Orchestra
Leitung: Andre Previn
Solist/Solistin: Keenan Wynn /Gesang – Lippy
Solist/Solistin: James Whitmore /Gesang – Slug
Länge: 02:46 min
Label: CBS CD 70278

Komponist/Komponistin: Henry Purcell/1659 – 1695
Vorlage: William Shakespeare /“A Midsummer Night’s Dream“/1564 – 1616
Textdichter/Textdichterin, Textquelle: Textdichter unbekannt
Gesamttitel: THE FAIRY QUEEN, Z 629 / Oper in 5 Akten / Gesamtaufnahme / 1.- 3.Akt
Titel: 10. / Nr.10 Prelude / Präludium
2.AKT
Ausführende: Les Arts Florissants
Leitung: William Christie
Länge: 01:19 min
Label: harmonia mundi HMC130809 (2 C

Komponist/Komponistin: Henry Purcell/1659 – 1695
Vorlage: William Shakespeare /“A Midsummer Night’s Dream“/1564 – 1616
Textdichter/Textdichterin, Textquelle: Textdichter unbekannt
Gesamttitel: THE FAIRY QUEEN, Z 629 / Oper in 5 Akten / Gesamtaufnahme / 4.,5.Akt
Titel: 1. / Nr.30 Sinfonia
4.AKT
Ausführende: Les Arts Florissants
Leitung: William Christie
Länge: 06:20 min
Label: harmonia mundi HMC130809 (2 C

Komponist/Komponistin: Robert Schumann/1810 – 1856
Vorlage: William Shakespeare/1564 – 1616
Titel: Julius Caesar op.128 – Konzertouvertüre zu der gleichnamigen Tragödie von William Shakespeare
Orchester: Wiener Philharmoniker
Leitung: Sir Georg Solti
Länge: 07:56 min
Label: Decca 417787-2

Komponist/Komponistin: Cole Porter/1891 – 1964
Titel: So in love/instr. / aus dem Musical „Kiss me Kate“/live (Ausschnitt)
Solist/Solistin: Chick Corea /Piano
Länge: 05:20 min
Label: Stretch/Concord SCD 90282

Komponist/Komponistin: Benjamin Britten
Textdichter/Textdichterin, Textquelle: Benjamin Britten
Textdichter/Textdichterin, Textquelle: Peter Pears/1910 – 1986
Vorlage: William Shakespeare/1564-1616
Gesamttitel: A MIDSUMMER NIGHT’S DREAM / Oper in 3 Akten / Gesamtaufnahme / 1.Akt, 2.Akt 1.Teil
Titel: 6. Welcome, wanderer…I know a bank / Oberon
1.AKT
Anderer Gesamttitel: EIN SOMMERNACHTSTRAUM
Leitung: Benjamin Britten
Orchester: London Symphony Orchestra
Solist/Solistin: Alfred Deller /Oberon, Countertenor
Länge: 04:30 min
Label: Decca 4256632 (2 CD)

Komponist/Komponistin: Felix Mendelssohn Bartholdy/1809 – 1847
Vorlage: William Shakespeare/1564 – 1616
Titel: A Midsummer Night’s Dream – Ouvertüre op.21 und Scherzo aus der Bühnenmusik zu Shakespeares „Sommernachtstraum“ / Fassung für Klavier zu 4 Händen
* Ouvertüre (00:10:40)
* Scherzo (00:03:44)
Solist/Solistin: Martha Argerich /Klavier
Solist/Solistin: Cristina Marton /Klavier
Länge: 15:00 min
Label: EMI Classics 6073672 (3 CD)

Komponist/Komponistin: Henry Purcell/1659 – 1695
Titel: THE TEMPEST or THE ENCHANTED ISLAND / Oper in 5 Akten /Gesamtaufnahme
* 1. Ouverture
Orchester: Monteverdi Orchestra
Leitung: John Eliot Gardiner
Länge: 04:09 min
Label: Erato 2292-45555-2

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