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Heinrich Böll: Als der Krieg ausbrach

Bölls Erzählung vom ersten Soldaten, der fiel, in einer Lesung mit dem Autor selbst. Zum 100. Geburtstag des Nobelpreisträgers.

 

Redaktion und Moderation: Judith Heitkamp

„Als der Krieg ausbrach, lag ich im Fenster, hatte die Hemdsärmel hochgekrempelt, blickte über Toreinfahrt und Wache hinweg in die Telefonzentrale des Regimentsstabes und wartete darauf, dass mein Freund Leo mir das verabredete Zeichen geben würde.“ So beginnt die Erzählung, die parallel zu den in diesem Jahr erschienenen Kriegstagebüchern von Heinrich Böll gelesen werden kann: Ein Erzähler, der nicht Militarist ist, aber Soldat, der nicht in den Krieg will, aber muss, der sich nicht vorstellen kann, dass sein Freund fallen wird, doch der Freund wird fallen. Der Krieg? „Blut, Dreck, Schweiß und Elend“, heißt es in den Tagebüchern. Und in der Erzählung, über das Militär: „Nichts hat je meiner Vorstellung von Hölle so entsprochen wie heiße, stille Kasernenhöfe …“

 

Heinrich Böll, geboren am 21. Dezember 1917, vor genau hundert Jahren, erlebte den Zweiten Weltkrieg sechs Jahre lang als einfacher Soldat, die Offizierslaufbahn lehnte er ab. Was der Krieg aus den Menschen macht, bis weit in die folgenden Generationen hinein, war sein literarisches Lebensthema. Bücher hingen für ihn immer mit Engagement zusammen und Literatur mit Politik. Und so hörte er nicht auf, unbequem zu sein, die totale Sinnlosigkeit und das Grauen des Kriegs allen vor Augen führend, die sich im Nachkriegsdeutschland mit beschönigenden Erinnerungen eingerichtet hatten. Er kämpfte gegen die erstarrte katholische Kirche und begriff sich doch als Katholik. 1972 bekam er den Literaturnobelpreis. Bis heute klingt sein Ethos – für das einzustehen, was man denkt – sehr einfach, und ist gleichzeitig eine große Herausforderung. Heinrich Böll, „der andere Deutsche“ – in der klassischen Lesung kann man ihm selbst zuhören, in einer Aufnahme aus den 60er Jahren, rheinisch, sachlich, unprätentiös.

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