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Briefwechsel: Federico Fellini: Carissimo Simenon – Mon cher Fellini

Komplizen, Freunde, Brüder: Der Visionär und der Bürokrat der menschlichen Seele. Zum 100. Geburtstag von Federico Fellini lesen Mario Adorf und Otto Sander den Briefwechsel zwischen dem Meisterregisseur und dem Großschriftsteller Georges Simenon.

„Ich glaube, es muss 1960 gewesen sein, als ich dem Drängen der Veranstalter nachgab und Präsident in Cannes wurde. In diesem Jahr zeigte Fellini „La Dolce Vita“, der sofort meine Begeisterung erregte. Ich erinnere mich an ein Essen mit den wichtigsten französischen und ausländischen Verleihern. Sie hatten für den Film nur herablassende Verachtung übrig. Trotz alledem, der Film bekam den Grand Prix. Aber mein Gott, wie habe ich dafür kämpfen müssen!“

Zu diesem Zeitpunkt hatte Simenon bereits 151 Romane und 190 weitere Werke unter siebzehn verschiedenen Pseudonymen veröffentlicht. Federico Fellini hatte seinerseits ein halbes Dutzend Filme gedreht und für den Welterfolg „La Strada“ seinen ersten Oscar bekommen. Nach ihrer ersten Begegnung bei den Filmfestspielen in Cannes äußerten der belgische Romancier und der italienische Cineast immer wieder den Wunsch, einander zu sehen und sich auszutauschen. „Mein lieber Fellini, es ist immer etwas Wunderbares, wenn man irgendwo einen Bruder entdeckt“, schreibt Simenon Fellini am 17. September 1969 aus Lausanne. Fellini antwortet ihm am 22. September 1969 aus Rom: „Carissimo Simenon, Sie sind der ältere Freund, den sich alle wünschen, einen Begleiter bei der Arbeit und im Leben, eine Bezugsperson, die einen nie enttäuscht und einem Kraft gibt.“ In ihren Briefen geben beide Freunde Auskunft über das Geheimnis des künstlerischen Schaffens, über das Entstehen ihrer Klassiker. Aber auch über Ihre Schaffenskrisen, Sorgen und Nöte tauschen sich die kongenialen Künstler-Komplizen aus.

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© Bayern2, radio Texte, 14.1.2020

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