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„Ein Skalde der Gegenwart“ Der nordische Magische Realismus des Bergsveinn Birgisson

Eine amour fou in den isländischen Fjorden: Halldór, der Fischer, entscheidet sich für die Liebe zu einer Frau aus der Stadt. Die poetischen Schilderungen einer verschwindenden ländlichen Lebensweise in seinem ersten Roman „Die Landschaft hat immer Recht“ haben die Kritik begeistert.

Feature von Johann Kneihs

Dem Autor Bergsveinn Birgisson geht es aber nicht um nostalgischen Rückblick, sondern um historische Veränderungen des Denkens und der Sprache. In einem „Handbuch über die Mentalität der Kühe“ geht er der isländischen Seele auf den Grund, noch weiter in der Geschichte zurück in Büchern über seinen eigenen Vorfahren: den „Schwarzen Wikinger“, einen der ersten Siedler Islands vor elfhundert Jahren.

Bergsveinn Birgisson, studierter Altnordist und Universitätslehrer im norwegischen Bergen, erzählt die Geschichte seines Ahnen zweimal: zunächst als wissenschaftliche Abhandlung, dann im Stil einer mittelalterlichen Saga. Der Roman wurde in den nordischen Ländern ein Erfolg, eine Produktionsfirma in Hollywood hat sich die Filmrechte gesichert.
Der Magische Realismus eines Gabriel Garcia Márquez hat Bergsveinn Birgisson inspiriert; doch auch in der alten nordischen Dichtung künden Träume und Zeichen von bevorstehenden Ereignissen, gibt es übernatürliche Erscheinungen und regnet es Blut.

Vom Aufeinanderprallen zwischen Tradition und Moderne, bei dem in seinem bukolischen Erstling noch die Liebe siegt, berichtet Bergsveinn Birgisson wieder in seinem späteren Buch „Paarungszeit“ – diesmal ist es eine Chronik des Scheiterns. Jeder seiner Romane, sagt Bergsveinn Birgisson, sei eine Tragikomödie mit gemischten Anteilen, und hätte eine weitere Doppelnatur: als literarisches Experiment, das andererseits nicht auf das Recht verzichte, gute Geschichten zu erzählen.

© Ö1, Tonspuren, 3.3.2019

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