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„Die Medienkunst der russischen Avantgarde“ Von Ania Mauruschat

Hunderte Fabriksirenen, Dampflokomotiven und Nebelhörner: Arsenij Avraamovs Symphonie der Sirenen war das lautstärkste Experiment, mit dem die russische Avantgarde die Oktoberrevolution von 1917 in die Kunst trug – aber sie war bei weitem nicht das einzige.

Ob die Zaum-Sprache (1908/09) des Dichters Velimir Chlebnikov und seine Vision eines Radios der Zukunft (1921), ob die futuristische Oper Sieg über die Sonne (1913) von Michail Matjuschin, Alexej Kurtschonych und Kasimir Malewitsch oder Dziga Vertovs Forschungen zu „Radio-Ohr“ und „Kamera-Auge“: Experimente mit den neuesten Medien waren Programm.

All diese Versuche, nicht nur die Arbeiter, sondern auch die Künste zu befreien, fanden jedoch ein jähes Ende, als die stalinistische Doktrin des sozialistischen Realismus ausgerufen wurde. Die Parteifunktionäre verdammten, was sie nicht verstanden, als „dekadente bourgeoise Kunst“ und beschimpften die Avantgardisten als „Formalisten“. Rund 100 Jahre später ist die Sowjetunion Geschichte. Die Medienkunst der russischen Avantgarde hingegen lebt fort – um immer wieder neu entdeckt zu werden.

Ania Mauruschat, geb. 1976, Autorin und Medienwissenschaftlerin. Zahlreiche Hörfunkproduktionen u.a. „Bis in die Materie selbst hinein ist das WORT handelnd. Valère Novarina im Portrait“ (BR 2011), „Von Aliens, UFOs und Erdlingen. Zur Kulturgeschichte der Außerirdischen“ (SRF 2015).

© Bayern 2, hör!spiel!art.mix, 20.4.2018

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