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Die Komponistin Zeynep Gedizlioglu im „Zeit-Ton“-Porträt.

Die Komponistin Zeynep Gedizlioglu wurde im Mai 2018 mit dem renommierten Heidelberger Künstlerinnenpreis ausgezeichnet. Den vergangenen Herbst verbrachte sie als Composer in Residence in Wien.

 

Aufgewachsen in Izmir und Istanbul in einer Künstlerfamilie, wusste die heute 41-jährige Zeynep Gedizlioglu bereits früh, dass sie Komponistin werden wollte. Nach ihren Kompositionsstudien in Istanbul entstand der starke Wunsch nach Veränderungen und die Neugier darauf, wie sich diese auf ihre Arbeit auswirkt. Seit dem Jahr 2000 lebt sie in Deutschland, ihre erste Station war Saarbrücken, wo sie sich mit Elektronik auseinandersetze. Nach Aufenthalten in Straßburg, Karlsruhe und Paris ist ihr Lebensmittelpunkt seit 2012 Berlin.

Mittlerweile sind ihre Werke international präsent. Sie hat einen ganz eigenen Stil entwickelt, den manche mit „transkulturell“ zu fassen versuchen. Die Entfernung zum vertrauten Umfeld hat ihre eigene Kultur, die türkisch-mediterrane, stärker in den Vordergrund treten lassen, dient ihr als Reibungsfläche. Dies findet sich auch in ihrer Musik wider, in der sich diese beiden Welten verbinden. Sie sagte kürzlich in einem Interview mit der „Neuen Zeitschrift für Musik“ (NZfM): „Ich habe bemerkt, dass ich innerlich sehr stark in der Türkei verwurzelt bin. Ich möchte gar nicht die Worte ‚Herkunft‘ oder ‚Heimatland‘ benutzen, weil ich dann das Gefühl habe, etwas auszuschließen, aber meine Bindung an die Türkei hat mit einer bestimmten Kultur, einem bestimmten Ort zu tun, und natürlich mit meiner Vergangenheit, meiner Biografie.“

Zeynep Gedizlioglu thematisiert auch gesellschaftliche und politische Themen in ihren Werken, so etwa in „Susma – Schweige nicht“. Es ist dem Andenken des 2007 ermordeten Journalisten Hrant Dink, Armenier mit türkischer Staatsbürgerschaft, gewidmet. Individuum und Kollektiv, auch dies ist ein von ihr genutzter ein Ansatz, um politische Hierarchien und Systeme ins Zentrum der künstlerischen Arbeit zu rücken.

Melancholie in ihrer nicht eindeutigen Stimmungszuordnung empfindet die Komponistin als Motivation, weiter ihren eingeschlagenen Weg zu gehen. Sie ist auch in ihrer Musik zu finden, die – wie die Heidelberger Jury festhält – „mit Präzision und Konzentration auf das Detail gearbeitet, als Erweiterung und Bereicherung der zeitgenössischen Musiksprache zu hören ist“.

© Ö1, Zeit-Ton, 21.1.2019

Playlist:

Komponist/Komponistin: Zeynep Gedizlioglu
Titel: Kelimeler (revidierte Fassung)
I: Neue Vocalsolisten Stuttgart
Länge: 05:38 min
Label: Manus

Komponist/Komponistin: Zeynep Gedizlioglu
Titel: Verbinden und Abwenden. In drei Akten
I: Klangforum Wien
I: ORF-Radiosymphonieorchester Wien
I: Johannes Kalitzke (Dirigent)
Länge: 26:33 min
Label: Manus

Komponist/Komponistin: Zeynep Gedizlioglu
Titel: Susma – Schweige nicht! Streichquartett Nr. 2
I: Arditti Quartet
Länge: 06:43 min
Label: Col Legno – WWE 1CD 40405

Komponist/Komponistin: Zeynep Gedizlioglu
Titel: Ort der Entzifferung
I: Aleph Gitarrenquartett
Länge: 20:34 min
Label: Manus

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