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Der Standard: Rufus Wainwright – „Unfollow The Rules“ vorgestellt von Karl Fluch

Der Musiker genießt auf seinem neuen Album das Leben und übt sich in pädagogischer Milde. Nachlässigkeit zeitigt irgendwann Lurch in den Wohnungsecken. Oder einen Vollbart. Wie es beim Rufus Wainwright zu Hause aussieht, ist nicht bekannt, auf dem Cover seines neuen Albums sprießt ihm aus den Poren seines Gesichts ein voller Bart. 

Das passt zur Nonchalance, mit der er sein am Freitag erscheinendes neues Album durchmisst – so wie ein Haus, in dem der Lurch in Untermiete die Ecken okkupiert.
Wainwrights Haus steht in Los Angeles, im Laurel Canyon, und das hört man Unfollow The Rules deutlich an. Die Gegend Laurel Canyon war in den 1960er-Jahren eines der Epizentren der US-amerikanischen Populärmusik. Dort wohnten Joni Mitchell, Neil Young, James Taylor, die Mamas and the Papas, und in den Bäumen saßen statt Vögeln die Byrds – oder wenigstens David Crosby und wurde eins mit dem Universum.

Rauledern und entspannt

Alle produzierten, mehr oder weniger toxisch beeinflusst, prächtige Weltverbesserungsmusik. Trotz der immer wieder politisch motivierten Dringlichkeit oder melancholischer Schübe verströmte die Musik eine Leichtigkeit, die mit allen Unschärfen unter dem Begriff Westcoast Sound zusammengefasst wurde. Da also wohnt Wainwright nun, und sogar das raulederne Fransenhemd, das er am Coverbild trägt, wirkt wie ein Relikt aus der goldenen Ära seiner Nachbarschaft.

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© Der Standard, Kultur, Musik, 8.7.2020

 

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