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Burkhard Reinartz: „Schweigen oder Schreiben“ Eine lange Nacht über die Verwandlung von Leid in Literatur

Seit Anbeginn der Menschheit erzählen wir uns Geschichten – nicht zuletzt, um damit leidvolle Erfahrungen zu verarbeiten. Heute boomt die Autofiktion, die persönliches Leiden zu Literatur macht. Kann Schreiben Schmerzen lindern?

Seit es Menschen gibt, erzählen sie Geschichten. Von den Schöpfungsmythen der Religionen, den Epen und Heldensagen der Völker, Geschichten über Liebe und Hass, Glück und Unglück, über persönliche Verwundungen und die Gewalttaten des 20. Jahrhunderts. Erzählen hat viele Gesichter. Eines besteht darin, erlittenen oder vorgestellten Schrecken durch Worte zu bannen und dadurch bewältigbar zu machen.

Leid: ein Ur-Motor fürs Schreiben

„Leid ist ein Ur-Motor für literarisches Schaffen seit dem Gilgamesch-Epos, dem ältesten Epos der Menschheit, in dem Gilgamesch um seinen Freund Enkidu trauert“, sagt Jan Drees, Literaturkritiker und Schriftsteller. „Und aus dieser Trauer heraus entsteht diese ganze Geschichte. Und wenn wir dann immer weiter gehen, dann können wir möglicherweise zu der Erkenntnis gelangen, dass Leid notwendig ist, um zu schreiben. Ob es immer gelingt, ist selbstverständlich eine andere Frage.“

Die Lange Nacht erkundet verschiedene Beispiele aus jüngerer Zeit für die Verwandlung von Leid in Literatur: Kann Schreiben Schmerzen lindern, Traumata heilen? Die drei Stunden werfen Schlaglichter auf die literarische Verarbeitung von persönlicher Trauer, Missbrauchserfahrungen und Depressionen. Und schließlich auch auf die schriftstellerische Aufarbeitung kollektiver Traumata, wie der nationalsozialistischen und stalinistischen Verbrechen.

Manuskript PDF

Produktion:
Autor: Burkhard Reinartz; Regie: Burkhard Reinartz; Sprecher: Daniel Berger, Sigrid Burkholder, Nicola Gründel, Andre Kaczmarczyk, Hartmut Stanke; Redaktion: Dr. Monika Künzel; Webdarstellung: Constantin Hühn.

Burkhard Reinartz lebt und arbeitet als Feature-Autor und Radio-Regisseur in Köln. Seit zwanzig Jahren schreibt und produziert er Hörstücke. Markenzeichen seines Schaffens ist die Einheit beziehungsweise Spannung von Wort und Musik. Oder wie er selber sagt: „Literarische Texte in Klangwelten verwandeln und dadurch eine Einheit des Mitteilens erreichen, die gleichzeitig Intellekt und Gefühl umfasst.“ Neben den „Langen Nächten“im Deutschlandradio porträtiert er Schriftsteller wie John Burnside, Adam Zagajewski und Paul Nizon.

© Deutschlandfunk, Lange Nacht, 11.7.2020

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