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„Am Anfang ein Totenschädel“ Ausgang aus der langen Nacht Von Achille Mbembe

Ein Wissenschaftler erinnert sich an seine Kindheit. An ein Kamerun, das keine Nation, nur eine Ex-Kolonie war: „Dezember. Jede Nacht senkte sich der Nebel über den Busch, am frühen Morgen waren die Wege durchnässt, leckgeschlagenen Schiffen ähnlich, die ans Ufer gezogen werden mussten.

Der Nebel kündigte Weihnachten an, den nächsten Abschnitt des christlichen Kalenders, denn für viele Dorfbewohner waren die verführerischen christlichen Überlieferungen spätestens seit den 1930er Jahren zu einem Labyrinth von Möglichkeiten geworden, durch das der Horizont wieder in die Reichweite unserer Köpfe gerückt wurde.“
Achille Mbembe tastet sich zurück: Wie kommt es, dass ein Kind aus einem Dorf zu einem berühmten Kritiker kolonialen Denkens wird? Das Kind, das die fremden christlichen Motive in die Geisterwelt seiner Ahnen einzubeziehen lernt. Der Erwachsene, der weiß, nicht einfach Afrikaner zu sein, sondern immer auch ein Afrikaner, der sich befreien musste.
Mbembe zeichnet seinen intellektuellen Lebensweg nach – nach Stationen in Paris und New York lehrt er heute in Johannesburg. Wie er New York als Metropole erlebte, in der viele Kulturen nebeneinander existierten. Wie er lernte, das westliche Denken zu benutzen, um die Herrschaft des weißen westlichen Denkens zu kritisieren. Sein Ziel: die Schaffung einer afrikanischen Kultur, die weder verdrängt noch verdammt, sondern „sich bemüht, den Siegern ebenso viel Platz einzuräumen wie den Besiegten“.
Der Text ist dem Buch „Ausgang aus der langen Nacht“ entnommen, das bei Suhrkamp erschienen ist.

Aus dem Französischen von Christine Pries

 

© Bayern 2, Nachtstudio, 3.4.2018

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