„Best Of 2016“ – Die SPEX-Charts von Autoren & Redaktion
Versöhnlicher Abschluss: Scheiß Jahr, aber wenigstens gute Musik. Das sind die 20 wichtigsten Alben 2016 – gewählt von SPEX-Autorinnen und -Autoren sowie der Redaktion.
Von SPEX Redaktion –
Ausführliche Listen der einzelnen Autorinnen und Autoren sind in der Printausgabe SPEX No. 372 erschienen. Das Heft kann versandkostenfrei online bestellt werden.
# 20 Skepta – Konnichiwa
# 19 Preoccupations – Preoccupations
# 18 Nick Cave & The Bad Seeds – Skeleton Tree
# 17 Mykki Blanco – Mykki
# 16 Mark Ernestus‘ Ndagga Rhythm Force – Yermande
# 15 Babyfather – BBF Hosted By DJ Escrow
# 14 Leonard Cohen – You Want It Darker
# 13 JaKönigJa – Emanzipation im Wald
#12 Danny Brown – Atrocity Exhibition
#11 Jessy Lanza – Oh No
# 10 Abra – Princess EP
Achtziger-Synthies, 808-Drum-Geklacker, mehr Bass als nötig, alles gefühlt auf einem 64er Commodore gemischt. Ab in die übervolle Alternative-R’n’B-Schublade damit? Aber nicht doch! Hinter Abras unaufdringlichem Minimalistensound auf der Princess-EP versteckt sich die packendste, selbstbewussteste und suchtgefährdendste halbe Stunde Düster-Pop des Jahres.
# 9 A Tribe Called Quest – We Got It From Here … Thank You 4 Your Service
Erst spielt die Orgel tapsig, Q-Tip flowt auf Eierschalen, alles ist wie immer. Dann krempeln A Tribe Called Quest ihr erstes Album seit 18 Jahren mit einer Unheil verkündenden Ariensängerin auf links und blicken nicht mehr zurück. We Got It From Here … ist düster, zynisch, aber kämpferisch. Ein letztes Monument für Amerika und den verstorbenen MC Phife Dawg, den einzig wahren Donald.
# 8 Jenny Hval – Blood Bitch
Viel wurde geschrieben über die Bezüge zu Horrorfilmen und Black Metal auf diesem Album. Ja, es geht um Blut, gesaugtes wie menstruiertes. Was aber auch mal gesagt werden muss: Jenny Hval ist sehr lustig. Beweis: Ihre Dada-Gaga-Konzerte (Schlauchboote! Zombie-Aerobic!). Mit weichen, fließenden Melodien entdeckt die Norwegerin nun auch musikalisch die Sinnlichkeit.
# 7 Frank Ocean – Blond
Überlebensgrüße aus der Heliumblase eines schwarzen, schwulen Schmusesängers. Als wäre Endless nicht gut genug für ein Top-Ten-Album gewesen, legte Frank Ocean über Nacht das noch bessere Album nach: Blonde gibt die Antwort auf die Frage, was von einem Geist und Autonarr bleibt, wenn er seinen Twitter-Account löscht: ein Schatten am Schaltknüppel. Also die einzige Antwort, die Amerika verdient.
# 6 Kate Tempest – Let Them Eat Chaos
2016 im Westentaschenformat: Sieben Großstädter hängen zufällig um 4:18 Uhr morgens in derselben Londoner Straße herum und fühlen sich vom Leben und der Welt angeschmiert. Kate Tempest pfeffert uns auf Let Them Eat Chaos in 13 Songs, 45 Minuten und 1043 Versen ihre Sicht auf die Conditio humana an die Rübe. Verdikt: Das geht nicht gut aus.
# 5 Beyoncé – Lemonade
Erfolg ist die beste Rache. Mit Lemonade prägte Beyoncé das Jahr wie wenige andere und lieferte ein Paradebeispiel des 2016er Trends „Visual Album“. Dass es um Ehebruch geht, spielt da eine Nebenrolle. Beyoncé brachte sich samt Community in „Formation“ und läutete einen Paradigmenwechsel im Pop ein: Die Frau hat nicht nur die hooks und die looks. Sie hat auch die papers.
# 4 David Bowie – Blackstar
Den schmerzhaftesten Beginn des Todesankündigungs-Album-Jahres 2016 machte im Januar Blackstar, erschienen zwei Tage vor Bowies Tod. Dass sich der große Popvisionär damit auf alte Tugenden zurückbesann, mag man als Nostalgie kritisieren. In seiner mystischen Vieldeutigkeit schreibt das Album indes weiter an der identitätsfluiden, unsterblichen Figur David Bowie.
# 3 Blood Orange – Freetown Sound
Es war das Jahr der Wut, aber Dev Hynes war ihm Lichtjahre voraus. Der Songwriter, Allesspieler, Tänzer und Wahl-New-Yorker Netzwerker antwortete auf eine Reihe von persönlichen Nackenschlägen nicht wutentbrannt, sondern mit empathischer, sinnlicher Protestmusik zwischen Michael Jackson, Missy Elliott und Konservatorium. Sein Freetown Sound? Musik für ein besseres 2017.
# 2 Anohni – Hopelessness
Problemstellung: das Elend der Welt vertonen und dabei so knackig klingen wie Charts-Pop für ein 18+-Publikum. Wurde so noch nicht gemacht, hat man so noch nicht gehört: als Musik gewordenen Katastrophenkatalog mit Pauken, Plastiktrompeten und dem ekstatischen Klagegesang von Anohni. Hat man so auch noch nicht gesehen: Naomi Campbell als Heulboje im Video zu „Drone Bomb Me“.
# 1 Solange – A Seat At The Table
A Seat At The Table ist ein Album über Haare und Familie. Also etwas, das Trump nie verstehen wird. Es ist außerdem der Grund, warum Beyoncés talentierteste Kollaborateurin nicht auf Lemonade zu hören ist: Sie war damit beschäftigt, das größere Manifest aufzunehmen. Doch Solanges Album ist weder Konterplatte noch Emanzipation von der großen Schwester. Es verhandelt black history nur lieber am Küchentisch als im Superbowl-Stadion – und ist damit der wahrhaftigere sister act.
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