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„Rache, Krieg, Suizid“ Amoklauf als Chiffre unserer Gegenwart

Amok heißt Exzess. Heißt Überbietung. Jeder einzelne Amoklauf steht immer in einer Reihe von Taten, übernimmt Formen und Bildsprache der Vorgänger und versucht zugleich als Teil der Geschichte dieses Gewaltgenres noch eins draufzusetzen. Unser Verstand versagt, wenn wir nach eindeutigen Motiven suchen oder das Geschehen nachvollziehbar erklären wollen.

Von Beatrice Faßbender und Ulrich Rüdenauer

Im Kontrast zu der absoluten psychischen Enthemmung der Täter steht die fast schon militärische Stringenz und Logik, die den Taten eigen ist. Ob Einzeltäter oder Terrorzelle: Generalstabsmäßig wird die Hölle fiktiv ausgemalt, bevor sie real inszeniert wird. Amok ist der Ausdruck einer Wut, die sich inzwischen globalisiert hat. Amok bietet jungen Männern Handlungsmodelle, die ihnen erlauben, ihr Unverstandenes auszuagieren. Amok sagt: Das perverseste Handeln kann uns zu Helden machen. Das Internet sorgt für den angemessenen Echoraum. Amok sagt auch: Es kann überall passieren. Das ist Terror – Ausweitung der Gefahrenzone. „Ich glaube, dass diese Art von Mord, von Massenmord und besonders die Erklärungen, die diese Taten begleiten, als der politischste Akt unserer Zeit verstanden werden müssen“, sagt der italienische Philosoph Franco Berardi.
Das Feature von Beatrice Faßbender und Ulrich Rüdenauer fragt, was Amok über unsere Gesellschaft weiß und aus unserer Gesellschaft macht, was die Medien und der Neoliberalismus damit zu tun haben und ob es überhaupt noch sinnvoll ist, zwischen Amok und Terror zu unterscheiden. Beim Beantworten helfen Franco Berardi, Ines Geipel, Åsne Seierstad, Klaus Theweleit und Joseph Vogl.

© Bayern 2, Nachtstudio, 21.11.2017

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