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Eine Lange Nacht über Spaniens geraubte Kinder „Mauern des Schweigens“

Die Tragödie begann zur Zeit des spanischen Bürgerkriegs und setzte sich bis in die 90er-Jahre fort. Ursprünglich politisch motiviert, wurde der Babyraub bald zu einem lukrativen Geschäft, in das Ärzte, Anwälte, und vor allem die katholische Kirche verwickelt waren. Man schätzt, dass in spanischen Geburtskliniken mehr als 300.000 Babys verschwanden.

Von Margot Litten

Die Tragödie begann zur Zeit des spanischen Bürgerkriegs und setzte sich bis in die 90er-Jahre fort. Ursprünglich politisch motiviert, wurde der Babyraub bald zu einem lukrativen Geschäft, in das Ärzte, Anwälte, und vor allem die katholische Kirche verwickelt waren. Man schätzt, dass in spanischen Geburtskliniken über die Jahrzehnte mehr als 300.000 Babys verschwanden und mit gefälschten Papieren an kinderlose Paare verkauft wurden.

Inzwischen suchen Mütter ihre Kinder, und Kinder ihre leiblichen Eltern – doch das gestaltet sich extrem schwierig: Kein Wunder angesichts fehlender Dokumente, mangelndem politischen Willen und vor allem der Mauer des Schweigens, mit der sich die Kirche umgibt.

Es waren dunkle Jahre im bigotten Spanien. Abtreibung war verboten, ledige Mütter wurden ausgegrenzt, und so erschien Schwester Marias Offerte mancher Frau in Not wie ein Geschenk des Himmels. Die Nonne vom Orden der Hijas de Caridad, der Töchter der Barmherzigkeit war Sozialhelferin in der Klinik Santa Cristina und zugleich Dr. Velas rechte Hand. In Zeitungsinseraten bot sie alleinstehenden Schwangeren Unterkunft in kirchlich geführten Pensionen an, aber auch die Möglichkeit, in San Ramon kostenlos zu entbinden.

Mit der Zeit freilich mehrten sich die Hinweise, dass dort – wie auch in den beiden Nachbarkliniken ODónell und Santa Cristina – einiges nicht mit rechten Dingen zuging: Auffallend viele Babys kamen tot zur Welt oder starben nach wenigen Tagen, seltsamerweise oft an Otitis, Mittelohrentzündung. Andere waren zur Adoption freigegeben, man munkelte, wer ein Baby wolle, würde in San Ramon sehr schnell fündig. Die Schwangere gehe durch die eine Türe rein, und die Adoptivmutter gehe mit dem Baby durch die andere Türe raus.

© Deutschlandfunk, Lange Nacht, 25.2.2017

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